Sevilla 2025
Die Rolle von Deutschland und der EU auf der FfD4-Konferenz
Walle, Yabibal / Kathrin Berensmann / Clara BrandiDie aktuelle Kolumne (2025)
Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 30.06.2025
Bonn, 30. Juni 2025. Die 4. Internationale Konferenz für Entwicklungsfinanzierung (FfD4) wird heute in Sevilla, Spanien, eröffnet. Ein Jahrzehnt nach der Aktionsagenda von Addis Abeba findet diese Konferenz zu einer Zeit statt, die durch starke geopolitische Spannungen, schwindendes Vertrauen in das multilaterale System, steigende Schuldenlasten und zunehmende Ungleichheit gekennzeichnet ist. Am 17. Juni 2025 haben die Mitgliedstaaten einen Konsens über ein Abschlussdokument erzielt, das nun auf der FfD4 formell verabschiedet werden soll. Die USA werden daran nicht beteiligt sein, da sie sich aus dem Prozess zurückgezogen haben. Das ist zwar enttäuschend, kommt aber angesichts ihrer Ablehnung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) und ihrer Verhinderungstaktik während der einjährigen Vorbereitungstreffen der FfD4 nicht überraschend.
Das Abschlussdokument signalisiert, dass die Weltgemeinschaft nach wie vor willens und in der Lage ist, globale Herausforderungen gemeinsam zu lösen und dabei den UN-Grundsatz zu beachten, niemanden zurückzulassen. Die Umsetzung des Dokuments und viele ungelöste Probleme erfordern jedoch ungebrochenes Engagement. Dazu haben die Organisator*innen die Sevilla Platform for Action geschaffen. Deutschland und die EU verfügen aufgrund ihres langjährigen bilateralen und multilateralen Engagements und ihres Status als führende Geber von Entwicklungshilfe über gute Voraussetzungen, um die Umsetzung der vereinbarten Ziele maßgeblich mitzugestalten.
Das Engagement im Bereich der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA) ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität und Glaubwürdigkeit. Das FfD4-Dokument bekräftigt die seit Langem bestehende Verpflichtung, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) für ODA aufzuwenden, jedoch ohne verbindliche Zeitvorgaben. Deutschland und die EU sollten sich öffentlich zu verbindlichen Zwischenzielen verpflichten. Darüber hinaus ist entscheidend, dass mindestens 0,15 bis 0,2 % des BNE an die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) fließen, so wie im Dokument vorgesehen. Das ist gerade in einer Zeit wichtig, in der die jüngsten Daten einen erheblichen Rückgang der ODA-Mittel für Subsahara-Afrika belegen.
Das Abschlussdokument geht auf die Notwendigkeit einer Reform von IWF und Weltbank ein, nennt jedoch keine verbindlichen Zielvorgaben. Die USA könnten mit ihrem Vetorecht in beiden Institutionen größere Reformen torpedieren. Als zentrale Akteure sollten Deutschland und die EU die Reformprozesse vorantreiben. So sollten sie sich beispielsweise für eine Kapitalerhöhung bei der Weltbank einsetzen und konkrete Schritte in Richtung einer gerechteren Vertretung der Entwicklungsländer unterstützen. Gleichzeitig sollte die EU-Kommission die Europäische Zentralbank (EZB) auffordern, ihren Widerstand gegen die Weiterleitung von Sonderziehungsrechten (SZR) an die Entwicklungsbanken aufzugeben.
Zudem erkennt das Abschlussdokument die Schwere der Schuldenkrise an und bietet mehrere gute, sogar innovative Vorschläge. 2023 mussten 54 Entwicklungsländer – fast die Hälfte davon aus Afrika – mehr als 10 % ihrer Staatseinnahmen für (Netto) Zinszahlungen ausgeben. Das Ende 2020 eingeführte „G20 Common Framework for Debt Treatments“ ist derzeit der einzige bestehende Mechanismus für eine umfassende Schuldenrestrukturierung, die auch einen Schuldenerlass für arme Länder vorsieht. Deutschland und die EU sollten sich für eine bessere Koordinierung der Gläubiger und eine größere Transparenz der Verschuldung und der entsprechenden Verträge einsetzen. Ebenso sollten die EU-Mitgliedstaaten universelle Grundsätze für die staatliche Kreditvergabe und -aufnahme festlegen, um Staatsschuldenkrisen effektiv zu verhindern und aufzulösen.
Zu Recht unterstreicht das Abschlussdokument die verstärkte Mobilisierung inländischer Ressourcen. Dementsprechend sollten Deutschland und die EU ihre Unterstützung für die Steuerverwaltungsreform, Digitalisierung und Korruptionsbekämpfung in den Entwicklungsländern verstärken. Innerstaatliche Bemühungen müssen jedoch durch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung illegaler Finanzströme ergänzt werden. In dieser Hinsicht ist die politische Unterstützung für das UN-Rahmenabkommen zur internationalen Steuerkooperation eines der vielversprechendsten Ergebnisse der FfD4, wenn auch ohne Beteiligung der USA.
Weiterhin geht aus dem Abschlussdokument hervor, dass die Finanzmärkte unzureichend an Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet sind und dass die Länder daher eigene Regelungen für nachhaltige Finanzen festlegen müssen. Gleichzeitig gilt es, die internationale Kompatibilität der Regelungen sicherzustellen. Hierzu sollten Kapazitäten für Entwicklungsländer aufgebaut werden. Deutschland und die EU sollten sich für die Einrichtung eines multilateralen Treuhandfonds im Rahmen einer internationalen Finanzinstitution einsetzen, der die Ausgestaltung und Umsetzung von Strategien für nachhaltige Finanzen in Entwicklungsländern unterstützt.
Das Abschlussdokument der FfD4 wird nicht nur die nationale und internationale Politik zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung beeinflussen. Seine Verabschiedung und anschließende Umsetzung tragen entscheidend zum Vertrauen in die globale Zusammenarbeit bei. Die Einigung zeigt, dass noch immer ein breiter internationaler Konsens möglich ist – auch ohne Beteiligung der USA. Deutschland und die EU sollten ihren Worten nun Taten folgen lassen, etwa durch klare Umsetzungsstrategien, nachhaltige Finanzierung und eine aktive Führungsrolle auf der FfD4 und in den daran anschließenden Prozessen.