Die aktuelle Kolumne

Welt-Ozon-Tag

Montrealer Protokoll: Lehren für künftige Klimaschutzmaßnahmen

Banerjee, Aparajita
Die aktuelle Kolumne (2025)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 15.09.2025

Bonn, 15. September 2025. Der jährliche Internationale Tag zum Schutz der Ozonschicht am 16. September erinnert an das 1987 unterzeichnete Montrealer Protokoll – ein Abkommen zum Verbot ozonabbauender Stoffe. Es wurde von allen 198 UN-Mitgliedstaaten ratifiziert und zählt zu den wenigen universell gültigen Verträgen. Die Staaten verpflichteten sich, die Produktion und die Nutzung von rund 100 ozonabbauenden Stoffen (ODS) schrittweise einzustellen. Heute gilt die Erholung der Ozonschicht, eines globalen öffentlichen Gutes, als Beweis dafür, dass internationale Solidarität funktionieren kann – und als Erfolgsgeschichte globaler Umweltpolitik.

Derzeit fordern kleine Inselentwicklungsländer zusammen mit Pakistan nachdrücklich die Ausarbeitung eines Nichtverbreitungsvertrags für fossile Energien. Ähnlich wie das Montrealer Protokoll soll er die schrittweise Einstellung der Produktion und des Verbrauchs fossiler Brennstoffe innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens vorschreiben. Viele staatliche und nichtstaatliche Akteure, darunter Städte wie Bonn, unterstützen die Initiative. Auch das Europäische Parlament drängt die Mitgliedstaaten inzwischen, den Vertrag voranzubringen. Trotz wachsender Unterstützung sind beträchtliche Hürden zu überwinden. Dabei stellt sich die Frage, welche Lehren sich aus dem Erfolg des Montrealer Protokolls für den Prozess rund um den Nichtverbreitungsvertrag ziehen lassen. Klar ist: Die schrittweise Abschaffung fossiler Brennstoffe ist weit komplexer als das Verbot von ODS. Außerdem lassen sich nicht alle Erfolgsfaktoren von damals eins zu eins auf den Nichtverbreitungsvertrag übertragen.

Der Blick zurück zeigt: Ohne öffentliches Bewusstsein und breite Akzeptanz wäre der Erfolg des Montrealer Protokolls kaum möglich gewesen. In den 1980er Jahren waren die wissenschaftlichen Beweise für die Auswirkungen ultravioletter Strahlung auf die Menschen noch lückenhaft. Selbst der Zusammenhang zwischen bestimmten Chemikalien und dem Abbau der Ozonschicht war nicht zweifelsfrei belegt. Dennoch war das Abkommen nur zwei Jahre nach der Entdeckung des Ozonlochs über der Antarktis ausgehandelt und ratifiziert. Wissenschaft und Umweltbewegung zogen an einem Strang und brachten das Thema in die Öffentlichkeit. Dabei überwog die Sorge um die menschliche Gesundheit gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Industrie, die ODS produzierte oder nutzte. Sogar Entwicklungsländer, die auf günstige Kühl- und Gefriertechnologien angewiesen waren, schlossen sich an. Die Botschaft war eindeutig: ODS waren gefährlich und mussten verschwinden.

Im Rahmen des Montrealer Protokolls wurde ein multilateraler Fonds eingerichtet, der zu gleichen Teilen von Vertreter*innen aus Entwicklungs- und Industrieländern verwaltet wurde. Sein Zweck war es, Länder bei der schrittweisen Abschaffung von ODS in Kältetechnik oder Kühltechnologien zu unterstützen. Auch übernahm der Fonds die Finanzierung von Forschung und Wissenstransfer im Bereich alternativer Technologien ohne ODS. Da nicht alle Staaten in der Lage waren, gleichzeitig aus der Nutzung auszusteigen, wurden gestaffelte Ausstiegspläne für eine schrittweise Abkopplung entwickelt. Das Protokoll enthielt zudem Flexibilitätsklauseln, die es den Ländern erlaubten, ihre eigenen Ausstiegsverpflichtungen innerhalb festgelegter Fristen umzusetzen.

Auch heute ist das öffentliche Bewusstsein entscheidend für den Nichtverbreitungsvertrag. Die wissenschaftlichen Belege für die gesundheitsschädlichen Folgen der Luftverschmutzung durch fossile Brennstoffe sind zahlreich und eindeutig. Während das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens angesichts politischer Kompromisse und praktischer Hürden oft unrealistisch wirkt, lässt sich die Forderung nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen mit dem Hinweis auf ihre direkten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit leichter vermitteln. Da das Pariser Abkommen die schrittweise Abschaffung fossiler Brennstoffe nicht ausdrücklich vorsieht, braucht es ein neues globales Abkommen mit genau einem Ziel: der Begrenzung von Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe. Ein solch klarer Fokus kann breite öffentliche Unterstützung mobilisieren und ein Gegengewicht zur starken Lobby der fossilen Industrie schaffen.

Ein stärkeres öffentliches Bewusstsein kann den nötigen Druck auf politische Entscheidungsträger*innen ausüben, sich klar zu Ausstiegsplänen aus fossilen Brennstoffen zu bekennen – einschließlich konkreter kurz- und mittelfristiger Ziele. Nach dem Vorbild des Montrealer Fonds könnte zudem ein neuer Fonds Länder beim Übergang unterstützen und Forschung, Entwicklung sowie Technologietransfer finanzieren. Dadurch ließe sich auch ein umfassendes Verständnis der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen entwickeln, die mit dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in den jeweiligen unterschiedlichen Kontexten verbunden sind, und darauf aufbauend gerechte politische Handlungsoptionen aufzeigen.

Für viele mag ein Nichtverbreitungsvertrag im aktuellen politischen Kontext wie eine Utopie erscheinen. Doch das Montrealer Protokoll zeigt eindrucksvoll, dass das soziale Dilemma mit klaren Verpflichtungen erfolgreich angegangen werden kann. Am Anfang jeder großen Idee steht der Glaube an ihre Realisierbarkeit. Schritt für Schritt haben Hunderte von Städten – von Bonn bis Kalkutta, von Kingston bis Paris, von Lima bis Toronto – begonnen, an diese Möglichkeit zu glauben und den Nichtverbreitungsvertrag zu unterstützen. Jetzt ist es an der Zeit, eine Welle breiterer öffentlicher Unterstützung zu mobilisieren und gleichzeitig an den vielen Details des Nichtverbreitungsvertrags zu arbeiten, sozusagen als letzte Chance für eine Abkehr von fossilen Brennstoffen, bevor es zu spät ist.

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