Regionale Migrationsgovernance: Impulse für eine nachhaltige internationale Migrationsarchitektur

Regionale Migrationsgovernance: Impulse für eine nachhaltige internationale Migrationsarchitektur

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Dick, Eva / Anne Koch / Benjamin Schraven / Benjamin Etzold
Analysen und Stellungnahmen 18/2017

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Engl. Ausg.u.d.T.:
Regional migration governance: contributions to a sustainable international migration architecture
(Briefing Paper 1/2018)

Die globale Migrationsgovernance ist in einer Phase des Umbruchs. Dafür gibt es zwei wesentliche Ursachen: Zum einen besteht eine Zweiteilung zwischen einem internationalen Flüchtlingsregime und einem (Arbeits-) Migrationsregime, die angesichts „gemischter“ Wanderungen problematisch ist. Zum anderen ist speziell die globale Migrationssteuerung durch fehlende normative Standards und eine institutionelle Fragmentierung gekennzeichnet. Diese Missstände sollen im Rahmen der derzeit zu verhandelnden Global Compact for Migration und des Global Compact on Refugees behandelt werden.

Eine entscheidende Frage ist, welche Rolle regionale Zusammenschlüsse von Staaten in einer zukünftigen globalen Migrationsarchitektur spielen werden. Denn grenzüberschreitende Flucht- und Migrationsprozesse finden überwiegend innerhalb von Regionen statt. Die regionale migrationspolitische Zusammenarbeit findet derzeit in drei Formaten statt, mit jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten: 1) Migrationssteuerung von Regionalorganisationen (z.B. ECOWAS oder I-GAD); 2) regionale Konsultationsprozesse (Regional Consultative Processes – kurz: RCPs) und 3) interregionale Kooperationsprozesse (z.B. Khartoum- und Rabat Prozesse).

Erfahrungen aus Afrika zeigen: Auf regionaler Ebene wurden wegweisende Normen bspw. in der Personenfreizügigkeit oder im Flüchtlingsrecht hervorgebracht. Das liegt nicht zuletzt an einigen Vorteilen regionaler Migrationsgovernance gegenüber globalen Formaten. So lassen sich eher gemeinsame Interessen finden, regionale Besonderheiten können besser berücksichtigt werden, und auch die Formulierung einer entwicklungsfördernden und kohärenten Migrationspolitik fällt im regionalen Kontext tendenziell leichter.

Allerdings ist die Umsetzung der Normen teils defizitär. Zudem werden insbesondere die Agenden interregionaler Kooperationsformate oftmals stark von wirtschafts- und sicherheitspolitischen Interessen westlicher Geberländer beeinflusst, wodurch der Schutz von Rechten für Flüchtlinge und Migranten in den Hintergrund zu geraten droht und regionale Anliegen überlagert oder gar unterminiert werden.

Daher bedarf es in Ergänzung zu regionaler Migrationsgovernance auf globaler Ebene verbindliche, universelle Mindest­standards in Form völkerrechtlich verankerter Rech­te und Schutznormen für Flüchtlinge und Migranten. Gleich­zeitig sollte die regionale Ebene gestärkt werden. Denn sie kann wichtige Impulse für die Ausweitung von Schutznormen und die Umsetzung geordneter, sicherer und regulärer Migrationsbedingungen liefern.

Die Staatengemeinschaft muss dies in den Verhandlungen zu den globalen Compacts berücksichtigen. Die Beiträge der deutschen und europäischen Entwicklungspolitik sollten sich auf folgende Bereiche konzentrieren:

-    Ausbau von Kapazitäten: Die Regionalorganisationen sollten in allen (und nicht nur sicherheitsrelevanten) Bereichen finanziell und technisch unterstützt werden.

-    Austausch fördern: Dieser sollte zwischen regionalen Organisationen und globalen Akteuren und mit zivilgesellschaftlichen Akteuren gestärkt werden.

-    Einfluss erhöhen: Die Rolle von Regionalorganisationen bei der Umsetzung, Erfolgsbeobachtung und Überprüfung der Compacts muss vorangetrieben werden.

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Anne Koch: Research division “Global Issues”, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Benjamin Etzold: Bonn International Center for Conversion (BICC)

Über die Autor*innen

Dick, Eva

Soziologin und Raumplanerin

Dick

Schraven, Benjamin

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