Zielkonflikte in der Demokratieförderung: Pauschallösungen und unvollständige Demokratisierung verhindern

Zielkonflikte in der Demokratieförderung: Pauschallösungen und unvollständige Demokratisierung verhindern

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Leininger, Julia / Sebastian Ziaja
Analysen und Stellungnahmen 16/2014

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Engl. Ausg. u.d.T.:
Conflicting objectives in democracy promotion: avoiding blueprint traps and incomplete democratic transitions
(Briefing Paper 11/2014)

Weltweit stehen westliche Geber in der Demokratieförderung vor einem Dilemma. Demokratie ist zwar ein wichtiges politisches Ziel, aber sie fürchten, dass der Weg dorthin ein ebenso wertvolles Ziel – politische Stabilität – unterminieren und in den Empfängerstaaten vermehrt Gewalt auslösen könnte. Wir gehen hier der Frage nach, ob es für diese Befürchtungen empirische Belege gibt, und wie Geber bei potenziellen Zielkonflikten zwischen Demokratisierung und Stabilität abwägen können.
Jüngste Forschungsarbeiten des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) zeigen, dass es für die Sorge, Demokratisierung könne destabilisierend wirken, tatsächlich gewisse empirische Belege gibt (Leininger et al. 2012; Ziaja 2013). Diese Befürchtungen sollten allerdings nicht vom größeren Problem ablenken, „auf halber Strecke stehen zu bleiben“. Hybride Regime mit autoritären Merkmalen, die sich hinter einer Fassade formal-demokratischer Institutionen verstecken, stellen auf lange Sicht ein größeres Sicherheitsrisiko dar als Versuche, in hybriden Regimen Demokratie zu fördern.
Demokratieförderung ist also wünschenswert, aber häufig ein Risiko. Laut einer neuen Studie des DIE, die 47 afrikanische Staaten einbezieht, führt Demokratieförderung zwar kurzfristig zu mehr Demonstrationen und Ausschreitungen, nicht aber zu Bürgerkriegen. Somit deutet stärkere Mobilisierung der Bevölkerung eher auf die Wirksamkeit von Hilfe hin, als dass sie  ein Grund zur Besorgnis wäre.
Damit Demokratieförderung langfristig wirken und die Forderungen der Bevölkerung kanalisieren kann, muss sie lokalen Akteuren beim Aufbau von bedarfsgerechten Institutionen helfen. Häufig ließen sich Eliten aus Angst vor möglichen destabilisierenden Folgen von Bürgerbeteiligung zur Beschneidung des Wettbewerbs in jungen Demokratien verleiten. Dies ist keine gute Idee: Elitäre Transitionen führen laut unserer Forschung zu weniger nachhaltigen politischen Konstellationen als offener Wettbewerb.
Externe Förderung gelingt am besten, wenn Geber mar¬ginalisierte Gruppen darin unterstützen, sich am Institutionenaufbau zu beteiligen. Das wird am besten durch gleichzeitiges Engagement vieler Geber erreicht. Diversität auf der Geberseite erhöht die Chancen, eine kontextgemäße institutionelle Struktur zu finden, anstatt dem Partnerland eine solche überzustülpen.
Daraus ergibt sich, dass es für die Notwendigkeit eines Sequenzierungsansatzes in der Demokratieförderung  -  d. h. erst Stabilität, dann Demokratie – kaum empirische Belege gibt. Die meisten Länder haben bereits vor über zwei Jahrzehnten (formal) den Weg zur Demokratie einge¬schlagen. Ein gradualistischer Ansatz mit gleichzeitigem Aufbau von staatlichen Institutionen und der Förderung breiter Beteiligung ist darum der vielversprechendere Weg.
Unsere Empfehlungen lauten daher in Kürze:

  • Die Demokratieförderung diversifizieren.

  • Endogene, inklusive politische Entwicklung fördern.
  • Beim Aufbau politischer Institutionen durch den Einsatz von Konditionalität auf Konfliktlösungsmechanismen bestehen.
  • Zielkonflikte in Phasen demokratischer Transition abwägen.



Über die Autor*innen

Leininger, Julia

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Leininger

Ziaja, Sebastian

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