Internationaler Tag der Biologischen Vielfalt 2019

Biologische Vielfalt ist gut für dich!

Biologische Vielfalt ist gut für dich!

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Richerzhagen, Carmen / Jean Carlo Rodríguez
Die aktuelle Kolumne (2019)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), (Die aktuelle Kolumne vom 20.05.2019)

Bonn, 20.05.2019. Ganz im Gegensatz zu dem, was die meisten denken, ist biologische Vielfalt nicht nur „nice to have”; Sie ist vielmehr die Grundlage für menschliches Leben und eine nachhaltige Entwicklung. Es steht außer Zweifel, dass die Nahrungsmittelproduktion direkt von einer Vielfalt von Pflanzen und Tieren abhängt. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stammen 82 Prozent der Kalorien und 60 Prozent des Proteins, die wir konsumieren, von verschiedensten Pflanzen. Fast 75 Prozent der Kulturpflanzen sind abhängig von Bestäubern, meist Bienen, die den Ertrag und die Qualität garantieren. Darüber hinaus spielt biologische Vielfalt eine wichtige Rolle für die Gesundheit der Menschen. Biologische Vielfalt und funktionierende Ökosysteme versorgen Menschen mit frischem Wasser, mindern die Folgen von Überflutungen und Krankheiten und liefern die Grundlage für die Entwicklung von Medikamenten. Schätzungsweise vier Milliarden Menschen nutzen Produkte der Naturmedizin und 70 Prozent der heutigen Medikamente gegen Krebs sind natürlichen Ursprungs oder zumindest von der Natur inspiriert. Der Internationale Tag der Biologischen Vielfalt, der am 22. Mai gefeiert wird, steht unter dem Motto „Biodiversität, unsere Nahrung, unsere Gesundheit” und soll uns an all das erinnern.

Dennoch sinkt die biologische Vielfalt in einem alarmierenden Tempo. Der jüngste Globale Bericht zur Artenvielfalt des Weltbiodiversitätsrates (IPBES), der vor zwei Wochen in Paris der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, legt schockierende Beweise für diese Entwicklung vor. Ungefähr eine Million Arten stehen kurz vor dem Aussterben und viele mehr sind ernsthaft bedroht. 145 Experten aus 50 Ländern haben in den vergangenen drei Jahren gemeinsam an diesem Bericht gearbeitet. Sie haben systematisch mehr als 15.000 wissenschaftliche und politische Dokumente ausgewertet. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass der in diesem Ausmaß unvergleichbare Verlust auf den Menschen zurückzuführen ist. Veränderungen bei der Nutzung von Land und Meeren, direkte Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, der Klimawandel, die Verschmutzung zu Lande und in den Meeren und invasive Arten tragen alle direkt zum Verlust der Biodiversität bei. Der Bericht belegt auch, dass die Landwirtschaft durch den Anbau von Kulturpflanzen und die Haltung von Nutztieren, allein ein Viertel der gesamten Erdoberfläche und drei Viertel der verfügbaren Frischwasserressourcen verbraucht. Zwischen 1990 und 2015 wurden 290 Millionen Hektar der Wälder gerodet und nur 110 Millionen Hektar wurden wieder – meist auch noch mit Monokulturen - aufgeforstet. Bereits 33 Prozent der Meeresfischbestände sind überfischt und die Verschmutzung des Wassers durch Plastik, Schwermetalle, Lösungsmittel, toxische Schlämme und Dünger ist rapide angestiegen.

Seit mehreren Jahren werden weltweit Bemühungen unternommen, die biologische Vielfalt zu schützen; Bislang leider ohne großen Erfolg. Trotz zahlreicher Erklärungen und Konferenzen werden die internationalen Ziele zum Schutz der Biodiversität, die so genannten Aichi-Ziele, welche im Rahmen der Konvention über Biologische Vielfalt festgelegt wurden, bis zur vereinbarten Frist 2020 nicht erreicht werden. Im kommenden Jahr werden sich die 196 Mitgliedstaaten der Konvention in der chinesischen Hauptstadt Peking treffen. Es wird erwartet, dass sich die Regierungen auf eine neue Strategie und neue Ziele einigen werden, mit denen der Verlust der Biodiversität aufgehalten werden soll. Bei der Vorbereitung auf diese wegweisende Konferenz müssen politische Entscheidungsträger die Bedeutung biologischer Vielfalt auch für andere Entwicklungsziele (wie z.B. Bekämpfung von Hunger und Armut oder Förderung der Gesundheit), die im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vereinbart wurden, im Auge behalten.

Durch die Berücksichtigung biologischer Vielfalt in anderen Politikfeldern und deren Strategien, wie zum Beispiel Pläne für nachhaltige Entwicklung, Agrar- sowie Klimastrategien, können Synergien genutzt werden. So zielt zum Beispiel das EU-LIFE-Projekt “Biodiversität in den Standards und Labels der Lebensmittelindustrie” darauf ab, biologische Vielfalt durch die Einführung von Standards und Labels in der Lebensmittelbranche zu schützen. Weitere Synergien können zum Beispiel durch Maßnahmen genutzt werden, die auf eine Verbesserung des Bodens und der Lebensräume abzielen. Bessere Böden sichern die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und Wasser und wirken sich so positiv auf die Gesundheitssituation der Menschen aus. Weiterhin können sie sogar helfen Konflikte zu vermeiden und Migration einzudämmen. Zum Beispiel kann eine nachhaltige Landwirtschaft die negativen Auswirkungen der Agrarproduktion auf Böden und Biodiversität verringern und gleichzeitig die Sicherheit der Nahrungsmittelproduktion aufgrund höherer Erträge steigern.

Biodiversität schafft einen sicheren Raum für eine nachhaltige Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf Ernährung und Gesundheit. Durch biologische Vielfalt kann die Gesellschaft einen Weg für die Bekämpfung des Klimawandels finden. Gleichzeitig lassen sich dadurch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernährungssicherheit und die Gesundheit abschwächen. Deshalb ist es heute mehr als je zuvor von entscheidender Bedeutung, gegen die Ursachen des Verlusts an Biodiversität vorzugehen, ansonsten wird die Menschheit deutlich daran erinnert, dass man Geld nicht essen kann.


Diese Kolumne ist am 21.05.2019 auch auf den Seiten der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen erschienen.

Über die Autor*innen

Richerzhagen, Carmen

Agrar- und Umweltökonomin

Richerzhagen

Rodríguez de Francisco, Jean Carlo

Ökologische Ökonomie

Rodríguez de Francisco

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