COP23: Nicht befriedigend, aber ausreichend

COP23:  Nicht befriedigend, aber ausreichend

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Bauer, Steffen
Die aktuelle Kolumne (2017)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 23.11.2017)

Bonn, 23.11.2017. Die von vornherein als "Arbeits-COP" (Conference of the Parties) deklarierte 23. UN-Klimakonferenz, die vom 6.-18. November unter Präsidentschaft der Fidschi-Inseln am UN-Standort Bonn tagte, musste im wesentlichen drei Vorgaben erfüllen, um als Erfolg gelten zu dürfen. Auf politischer Ebene musste sie, erstens, bestätigen, dass das Pariser Abkommen von 2015 und seine Ziele trotz eines Ausstiegs der USA nicht in Frage stehen. Auf programmatischer Ebene sollte sie, zweitens, die Verzahnung der klimapolitischen Zielvorgaben mit der multilateralen Entwicklungsagenda voranbringen. Drittens hatte sie auf technischer Ebene die Grundlagen eines verbindlichen Regelwerks zur eigentlichen Umsetzung des Pariser Abkommens zu schaffen.

Dies wurde im Großen und Ganzen erfüllt. Die Ergebnisse ermöglichen, dass im Vorlauf zur COP24 im polnischen Kattowitz geordnet weitergearbeitet werden kann. Das ist wichtig und war keineswegs garantiert. Überschwang kann aber angesichts der durch den fortschreitenden Klimawandel gebotenen Dringlichkeit, der Handlungsschwäche des einstigen Klima-Vorreiters Europäische Union und der zähen Bonner Verhandlungsrunde nicht aufkommen.

Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Klimaaktivisten erhofften sich mehr, vor allem da erstmalig ein besonders betroffener kleiner Inselstaat die Präsidentschaft innehatte. Die Hoffnungen galten insbesondere Fragen eines beschleunigten weltweiten Kohleausstiegs, der Klimafinanzierung, der Anpassung an den Klimawandel und des Umgangs mit klimabedingten Schäden und Verlusten. Der zurückhaltende Beitrag der Bundeskanzlerin, offenkundig der verfahrenen Situation der nunmehr geplatzten Berliner Sondierungsgespräche geschuldet, dämpfte die Erwartungen zusätzlich. Die technisch-fachlichen Unterhändler, die in Bonn in zahlreichen Arbeitsgruppen und Sitzungen um das Kleingedruckte der zwischenstaatlichen Klimapolitik rangen, zeigten sich hiervon weitgehend ungerührt und machten schlichtweg ihren Job.

Als Ergebnis sind Fortschritte zu verzeichnen, die durchaus im Licht der Fidschi-Präsidentschaft zu betrachten sind. So etwa die von vielen technischen Detailfragen abhängige Entscheidung, wonach der unter dem Kyoto-Protokoll von 1997 geschaffene Anpassungsfonds auch unter dem Pariser Abkommen gültig sein soll. Diese zentrale Forderung vieler Entwicklungsländer hätte leicht vertagt werden können.

Das Thema Schäden und Verluste hätte in Bonn eher beiläufig im Bericht des 2013 eingerichteten Warschauer Mechanismus (WIM) behandelt werden sollen. Eine umfassende inhaltliche Bewertung des WIM steht erst für 2019 auf der Agenda. Angesichts der jüngsten Häufung schwerer Sturm- und Flutereignisse drängten die Gruppen der ärmsten Entwicklungsländer und der kleinen Inselstaaten jedoch darauf, Schäden und Verluste als regelmäßigen Tagesordnungspunkt der zweimal jährlich tagenden COP-Nebenorgane zu verankern. Mit diesem Anliegen konnten sie sich zwar gegenüber den Industrieländern, die ein institutionalisiertes Forum für Kompensationsforderungen der Entwicklungsländer fürchten, nicht durchsetzen. Es wurde aber unter der Verhandlungsführung Fidschis ein internationaler Expertendialog vereinbart, der sich bei den nächsten Zwischenverhandlungen im Mai 2018 gezielt mit Finanzierungsfragen im Zusammenhang klimabedingten Schäden und Verluste befassen wird. Dessen Ergebnisse sollen wiederum 2019 in die Bewertung des WIM einfließen. Zudem wurde in der entsprechenden COP-Entscheidung explizit die Sorge vor der Häufung und Intensivierung klimabedingter Katastrophen aufgenommen, wogegen sich insbesondere Australien und die USA bis zuletzt verwehrten. Auch wenn dies trivial anmutet, ist es im prozeduralen Klein-Klein der multilateralen Klimapolitik ein nicht zu unterschätzender Fortschritt, auf den in zukünftigen Verhandlungsrunden fortan Bezug genommen werden wird. Ohne die symbolträchtige Präsidentschaft der Fidschi-Inseln wäre dies wohl kaum erreicht worden.

Nicht zuletzt ist auch die Einrichtung des sogenannten Talanoa-Dialogs zu erwähnen, der die Parteien zum fortlaufenden Austausch über die Einhaltung sowie die angestrebte Erhöhung ihrer jeweiligen Klimaziele anhält. Damit gewährleistet die Fidschi-Präsidentschaft eine effizient strukturierte Vorbereitung der COP24 unter Einbeziehung ihrer polnischen Nachfolger. Derart soll das Kohleland Polen, das nicht zu den klimapolitischen Vorreitern zählt, bereits vor Beginn seiner COP24-Präsidentschaft in die Pflicht genommen werden. Der Talanoa-Dialog gilt daher als der eigentliche Coup der Fidschi-Präsidentschaft. Das Format könnte der Fidschi-Präsidentschaft helfen, unvollendete Verhandlungsbaustellen weiter voranzutreiben und das weitere Geschehen aktiv im Sinne einer ambitionierteren Klimapolitik zu gestalten.

Der wahre Ertrag der Bonner COP wird sich indes erst bei der COP24 bemessen lassen, wenn ein ausverhandeltes Regelbuch zur Verabschiedung auf dem Tisch liegt.

Über den Autor

Bauer, Steffen

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