Die aktuelle Kolumne

Deutscher Diversity-Tag

Dem Widerstand begegnen: Für Vielfalt eintreten

Andrade, Tâmara / Tatjana Reiber / Anna Schwachula
Die aktuelle Kolumne (2025)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 26.05.2025

Bonn, 26. Mai 2025. Weltweit wächst aktuell der politische und gesellschaftliche Widerstand gegen Diversity- und Antidiskriminierungsmaßnahmen in Bezug auf Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Klasse, Religion und andere intersektionale Identitäten. Angeführt wird dieser Feldzug von der Trump-Administration, die Programme zur Förderung von Vielfalt unter dem Vorwand, sie seien „illegal und unmoralisch“, verbietet. Diese Entwicklung ist besorgniserregend. In demokratischen Gesellschaften gilt Chancengleichheit als zentraler Wert; Vielfalt, Inklusion und Gerechtigkeit werden hochgehalten. Ohne die Perspektiven diverser Gruppen besteht die Gefahr, die Bedürfnisse der Bevölkerung in ihrer Gesamtheit zu vernachlässigen. Daher ist Engagement für Vielfalt und Antidiskriminierung unerlässlich, um eine lebendige Demokratie in nachhaltigen, inklusiven Gesellschaften zu sichern.

Antidiskriminierungsmaßnahmen werden vor allem von der extremen Rechten als woke, elitäre und linke Ideologie diskreditiert, verbunden mit der Behauptung, sie verschärfen gesellschaftliche Ungerechtigkeit, da Identität mehr zähle als Kompetenz. Diese Skandalisierung von Diversity und Antidiskriminierung verstärkt gesellschaftliche Polarisierung und Ausgrenzung.

Zunehmendem Druck ausgesetzt, setzen Universitäten, öffentliche Einrichtungen und private Unternehmen in den USA und anderswo inklusive Maßnahmen wie Diversity-Quoten oder Antidiskriminierungsschulungen aus. Auch in Deutschland gibt es polarisierende Debatten über Frauenquoten oder geschlechtersensible Sprache.

Zur Verteidigung der Diversitätsansätze schlagen wir drei Schritte vor: Erstens ist es wichtig, falschen Narrativen entgegenzuwirken, da sie öffentliche Meinung und politische Entscheidungen prägen. Zweitens müssen Vielfalt und Antidiskriminierung institutionell verankert werden, um die Resilienz zu erhöhen. Drittens sollten Vielfalt und Antidiskriminierung Teil von Schulungen für Führungskräfte sein, um entsprechende strukturelle Veränderungen zu fördern.

Mitgestaltung des öffentlichen Diskurses

Irreführenden Narrativen zum Thema Vielfalt entgegenzuwirken ist eine kollektive Aufgabe. Expert*innen sollten sich in Medien, Reden und Debatten öffentlich einbringen und die Vorteile von Diversity erklären. Auch Institutionen aus unterschiedlichsten Bereichen können durch Veröffentlichung von Erfahrungen beitragen. Diese Sichtbarkeit kann dabei helfen, Vielfalt nicht als spaltende Ideologie, sondern als gemeinsames Engagement für Gerechtigkeit, persönliche Freiheit, Inklusion und gesellschaftliche Resilienz zu verstehen. 

Bei aller Entschlossenheit, Vielfalt zu verteidigen, ist es wichtig, kritische Stimmen nicht abzutun. Gemeinsame Sichtweisen, Werte und Normen entstehen durch konstruktive Spannungen. Ein gesunder öffentlicher Diskurs hängt von Vielen ab. Im Medienbereich ist ein konstruktiver Journalismus wegweisend, der Lösungen und Gemeinsamkeiten betont. Die Bundesregierung sollte Vielfalt und Antidiskriminierung gegen Angriffe von allen Seiten verteidigen. Dazu gehört auch die Aufnahme eines konstruktiven und faktenbasierten Dialogs über Diversity-Bemühungen.

Verankerung von Diversity in institutionellen Strukturen

Der jüngste Backlash zeigt, dass die Bemühungen um Vielfalt und Antidiskriminierung anfällig für politischen und gesellschaftlichen Druck sind. Der Aufbau resilienter institutioneller Strukturen beginnt sektorübergreifend mit dem Bewusstsein, dass Vielfalt ein zentraler Aspekt der Identität einer Institution ist. Das erfordert eine starke Führung, die diesen Prozess vorantreibt, Richtlinien und Finanzierung aufeinander abstimmt und eine Kultur der Reflexion, Teilhabe und gemeinsamen Verantwortung fördert. Beispiele wie die Harvard University und Transport for London zeigen, dass Organisationen, die sich Vielfalt als zentralem Wert verschrieben haben, diese auch schützen.

Führungskraftentwicklung und individuelles Handeln

Führungsqualitäten sind für langfristigen Wandel unerlässlich. Führungskräfte sind Vorbilder und Entscheidungsträger*innen. Sie setzen den Ton und beeinflussen die institutionelle Kultur. Sie haben die Macht, strukturelle Veränderungen zu fördern (oder zu blockieren).

Daher gehören Vielfalt und Antidiskriminierung als Inhalte in die Führungskraftentwicklung. Auf diese Weise können sie das Bewusstsein schärfen, Fehleinschätzungen ausräumen, Empathie schaffen und Diversity-Kompetenz fördern. Das IDOS bietet drei Ausbildungsformate für die nächste Generation von Führungskräften an. Indem die Akademien Menschen verschiedener Nationalitäten und Hintergründe zusammenbringen, ermöglichen sie Erfahrungen mit Vielfalt und stärken Kompetenzen im Bereich Dialog und inklusive Führung. Teilnehmende lernen, wie sie Vielfalt fördern können, angefangen bei einer Haltung, die (Meinungs-)Differenzen begrüßt bis hin zu Moderationsfähigkeiten für inklusive Prozesse. 

Zielgerichtete Maßnahmen

Die aktuelle Situation mag erdrückend wirken, doch gerade jetzt ist verstärktes Engagement gefragt. Öffentlicher Diskurs, institutionelle Strukturen und individuelles Handeln sind wesentliche Kräfte zur Verteidigung demokratischer Prinzipien und zur Förderung der Vielfalt. Am 27. Mai ist Deutscher Diversity-Tag. Öffentliche Unterstützung zu zeigen, ist wichtig. Statt jedoch nur Flagge zu zeigen, sollten wir insbesondere jene Strukturen und Praktiken stärken, die Vielfalt fördern und Diskriminierung durch langfristiges Engagement verhindern.

Weitere IDOS-Expert*innen zu diesem Thema

Burchi, Francesco

Entwicklungsökonomie 

Loewe, Markus

Ökonomie 

Strupat, Christoph

Ökonom