Klimaschutz oder Profit? Beides!

Private Investitionen als Chance

Private Investitionen als Chance

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Keil, Jonas
Die aktuelle Kolumne (2018)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 04.06.2018)

Bonn, 04.06.2018. Ende Mai haben sich in Frankfurt Vertreter aus Finanzindustrie, Technologiefirmen und Politik zur Messe „Innovate4Climate“ getroffen. Drei Tage lang tauschten sie sich darüber aus, wie private Firmen und Investoren zur Erreichung der Klimaziele beitragen und gleichzeitig Gewinne erwirtschaften können. Die Themen reichten dabei von Investitionen in erneuerbare Energien über Kohlenstoffmärkte bis hin zu innovativen Versicherungen gegen Klimarisiken. Die Veranstaltung verdeutlichte den Trend der letzten Jahre, dass der Privatsektor immer stärker auch im Klimaschutz und der nachhaltigen Entwicklung aktiv wird – Bereiche, die traditionell als Aufgaben der Politik angesehen wurden. Was ist davon zu halten?

Klar ist: Um die im Jahr 2015 beschlossenen Pariser Klimaabkommen gesteckten Ziele zu erreichen und die Weltwirtschaft auf einen klimafreundlichen Entwicklungspfad zu schicken, ist weltweit ein gigantischer Investitionsbedarf zu decken. Die Industrieländer haben sich verpflichtet, ab dem Jahr 2020 die Klimaschutzbemühungen der Entwicklungsländer mit 100 Milliarden USD jährlich zu unterstützen. Der gesamte Investitionsbedarf für Klima und nachhaltige Entwicklung ist jedoch noch viel größer: Die OECD schätzt, dass für die Jahre 2015 bis 2030 die Summe der notwendigen globalen Infrastrukturausgaben in Bereichen wie Energieversorgung oder Verkehr insgesamt rund 100 Billionen USD verschlingen werden. Das nötige Kapital dafür zu mobilisieren und sicherzustellen, dass es in innovative und klimafreundliche Technologien investiert wird, kann die Politik allein nicht leisten. Daher ist es unerlässlich, private Investoren mit ins Boot zu holen.

Was den Privatsektor antreibt

Wichtig ist dabei, die Motive für klimafreundliche Investitionen zu verstehen. Zwar wird ein steigender Anteil von Investoren durchaus von ethischen Motiven geleitet, wenn sie Klimaschutz in ihr Handeln einbeziehen – nicht zu verschweigen ist jedoch, dass viele Anleger schlicht auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen und Ertragschancen sind. Dies wird nicht zuletzt durch das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld getrieben, in dem durch Entwicklungen wie den gegenwärtigen Niedrigzinsen, der Verschiebung wirtschaftlicher Macht in Richtung Asien oder Megatrends wie der Digitalisierung alte Geschäfts- und Investitionsfelder zunehmend wegbröckeln.

Man kann zwar die Sorge haben, dass die wichtigen Ziele des Klimaschutzes und der nachhaltigen Entwicklung privaten Gewinninteressen untergeordnet werden könnten. Aber man sollte dies eher als eine große Chance begreifen: Schafft es die Politik, die richtigen Anreize und Rahmenbedingungen für Investoren zu setzen, dann wird künftig ein immer größerer Anteil des privaten Kapitals im Einklang mit den Zielen von Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung eingesetzt werden.

Balance von Freiwilligkeit und Regeln

Die richtigen Regeln sind dabei immens wichtig. Sie müssen sicherstellen, dass klimafreundliche Investitionen auch wirklich klimafreundlich sind und nicht nur so aussehen. Der Markt für grüne Anleihen (Green Bonds) veranschaulicht die Chancen und auch Herausforderungen privater Investitionen sehr gut. Green Bonds sind ein noch recht junges Finanzinstrument, mit dem Unternehmen Geld von privaten Investoren einsammeln und versprechen, es in grüne Projekte zu investieren. Welche Projekte aber wirklich „grün“ sind, ist teilweise umstritten. Ist dies bei Solarenergie noch klar, so ist die Antwort bei der Installation von besseren Filtern für Kohlekraftwerke nicht mehr eindeutig. Auch ist nicht immer sicher, ob wirklich neues Geld für grüne Projekte eingesammelt wird, oder ohnehin geplante Investitionen einfach einen grünen Anstrich erhalten.

Freiwilligkeit kann dabei ein Schlüssel für die Schaffung von transparenten Regeln sein. Auf eigene Initiative von Vertretern der Finanzindustrie und anderen Interessengruppen wie Nichtregierungsorganisationen hin haben sich bereits freiwillige Regelwerke wie die „Green Bond Principles“ oder die „Climate Bond Standards“ herausgebildet und werden fortlaufend weiterentwickelt. Dies kann für mehr Informationen und Transparenz bei Anlegern und der Öffentlichkeit sorgen.

Die Politik ist gut beraten, solche freiwilligen Initiativen des Privatsektors aufzugreifen und weiterzuentwickeln. So kann ein Ausgleich der Interessen von Politik und Wirtschaft erreicht werden: einerseits wird die Akzeptanz von Regeln erhöht und diese auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnitten, andererseits wird aber auch sichergestellt, dass die Regeln effektiv sind und die Interessen von allen gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigen. So wird die Europäische Kommission in Kürze ein eigenes Regelwerk für die Klassifikation von grünen Finanzprodukten vorlegen, welches auch freiwillige Standards aufgreift. Internationale Plattformen wie die G20 sollten zudem genutzt werden, Regeln und Standards international zu harmonisieren. So kann erreicht werden, dass der private Sektor sinnvoll zur Deckung des weltweiten Investitionsbedarfs und zur Erreichung der Klimaziele beiträgt.


Diese Kolumne wurd am 04.06.2018 auch auf makronom.de veröffentlicht.

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