Trump, der Nahe Osten und Deutschland

Trump, der Nahe Osten und Deutschland

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Trautner, Bernhard / Mark Furness
Die aktuelle Kolumne (2017)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 19.01.2017)

Bonn, 19.01.2017. Bereits die Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA löste im Nahen und Mittleren Osten zum Teil heftige Reaktionen aus, obwohl über die konkrete Politik der neuen Administration -selbst jetzt noch- wenig bekannt ist. Trumps „Twitterpolitik“ auch im Feld der Außenpolitik erscheint auch zur Amtseinführung und nach Besetzung zentraler Verwaltungsposten wenig kohärent. Der Bezug zum politischen Oberziel ‚America first‘ bleibt unerklärt. Zu den für die Region relevanten Positionierungen gehören Trumps vollmundige Ankündigungen, dem Multilateralismus den Rücken zu kehren, die militärische Sicherheit für andere Länder grundsätzlich nur noch gegen Entgelt zu gewähren, über die Annäherung an Russland nach einer Befriedung Syriens zu suchen und den Islamischen Staat zu bekämpfen. Regionalpolitischen Sprengstoff bieten die Ankündigungen, das multilaterale Nuklearabkommen mit Iran kritisch zu überprüfen bzw. schlicht zu kündigen, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und die einheimische Ölförderung massiv steigern zu wollen.

Der Islamische Staat feiert das Wahlergebnis dereinst als sicheres Zeichen für den bevorstehenden Niedergang der USA als Weltmacht. Autoritäre Machthaber wie Syriens Assad und Ägyptens al-Sisi, wie auch die israelische Regierung sehen sich bestärkt in ihrer Unterdrückung von Zivilgesellschaft und Opposition. Iran droht, eine amerikanische Aufkündigung des Nuklearabkommen mit forcierter ziviler Nutzung der Kernenergie zu beantworten. Wie soll Deutschland auf eine absehbare Neu-Positionierung der US-Politik im Nahen und Mittleren Osten reagieren?

1. Deutschlands privilegierte Stellung in Wert setzen: Deutschland nimmt in Bezug auf die Unsicherheit bezüglich künftiger globaler und regionaler Machtkonstellationen weltweit und Stellvertreter- bzw. Klientelpolitik in der Region eine privilegierte Stellung mit hoher Handlungsfreiheit und Verhandlungsmacht ein. Diese Macht gründet zum einen auf ‚weichen‘ Komponenten (Softpower) wie die hohe humanitäre Reputation durch Aufnahme einer großen Anzahl von Flüchtlingen 2015/16, als einer der größten Geber humanitärer Hilfe in der Syrienkrise und auf der Wahrnehmung als Vermittler im Nuklearabkommen mit Iran sowie als ehrlicher Makler im Palästina-Konflikt. Zum anderen ist die Macht ‚realpolitisch‘ unterlegt wie im Türkei-Flüchtlingsabkommen, im (beschränkten) Handel mit Rüstungsgütern in die Region und der militärischen Unterstützung für die kurdischen Peschmerga im Irak. Deutschland hat mehr Potenzial als die meisten anderen Geber besonders als Vermittler, aber auch als Garant für die Einhaltung von Vereinbarungen einzutreten. Wenn Deutschland diese Rolle nicht übernimmt, wird es niemand tun.

2. Flexibilität des Mittel- und Instrumenteneinsatzes beibehalten und ggf. erhöhen: Als Ergebnis tatsächlicher oder auch nur erwarteter Verschiebungen im regionalen Kräfteparallelogramm können die scheiternden Staaten wie Syrien, Irak und Jemen vollends auseinanderfallen. Dies bedeutet kurzfristig massiv erhöhte Bedarfe nach humanitärer Hilfe bzw. zur Stabilisierung, eventuell sogar zur Unterstützung der Flüchtlingsrückkehr und Wiederaufbau zu reagieren. Beide Bereiche, humanitäre Hilfe und Entwicklungskooperation unterliegen unterschiedlichen Handlungslogiken und auch unterschiedlichen politischen Mandaten. Hier gilt es für Deutschland, zu priorisieren und seinen spezifischen Kooperationsvorteil in der Region zur Geltung zu bringen. Letzteres hat nur bedingt mit dem Einsatz von noch mehr deutschen oder europäischen Steuermitteln zu tun. Vielmehr geht es darum, die vorhandenen Instrumente und insbesondere die Kooperation mit anderen, gerade auch arabischen Gebern, etwa über die gemeinsame Programmfinanzierung effizient und politisch aufmerksam zu steuern.

3. Priorität: Nachhaltige Entwicklung unterstützen: Den Kooperationsmodus nachhaltig zu gestalten begründet sich einerseits aus den globalen Nachhaltigkeitszielen, hier insbesondere SDG 16 (Frieden und Sicherheit). Andererseits müssen die Kooperationsformen geeignet sein, den konkreten Zielkonflikt zwischen kurzfristiger Stabilisierung fragiler Staaten und politisch nachhaltiger Entwicklung der Gesellschaften einzuhegen. In einer durch kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen ‚erkauften Zeit‘, werden ansonsten die grundlegenden Entwicklungsblockaden gerade nicht abgebaut - obwohl diese längst auf arabischer Seite analysiert und anerkannt sind.

Die Kosten der regionalen Konflikte und für die Verschleppung der Entwicklungsblockaden wurden bislang überwiegend nicht von den Verantwortlichen, sondern von der Zivilbevölkerung und ausländischen Unterstützern getragen. Ob die US-Außenpolitik unter Präsident Trump dies als Teil des Problems anerkennt oder als gar als Teil der Lösung betrachtet, bleibt abzuwarten. Dessen ungeachtet und in Anerkennung der Unteilbarkeit menschlicher Sicherheit kann Deutschland, teils direkt, stärker jedoch indirekt, Fokus und Modi der internationalen Kooperation mit dem Nahen und Osten positiv beeinflussen.

Über die Autor*innen

Furness, Mark

Politikwissenschaft

Furness

Trautner, Bernhard

Politikwissenschaft

Trautner

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