Planetare Gesundheit gestalten

Über das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt

Über das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt

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Faus Onbargi, Alexia / Saravanan V. Subramanian / Katharina Molitor
Die aktuelle Kolumne (2021)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne vom 20.12.2021

Am 8. Oktober 2021 verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat eine Resolution, die das Menschenrecht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt anerkennt. Die Resolution ist die erste ihrer Art. Es geht um den „Schutz der Menschen und des Planeten“ und „den Schutz der natürlichen Systeme, die Grundvoraussetzungen für das Leben und die Lebensgrundlage aller Menschen sind, wo auch immer sie leben“, wie Michelle Bachelet, die Hohe Kommissarin der UN für Menschenrechte, erklärte. Die Resolution könnte einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Entwicklungsakteure globale und nationale Standards zum Schutz vor Umweltschäden und für Umweltqualität sowie einen gerechten Zugang zu Umweltleistungen für jede*n festlegen. Auch wenn die Resolution ein wichtiger Schritt ist, lässt sie einige Fragen offen. Was bedeutet die Resolution aus Sicht der planetaren Gesundheit? Wie lässt sich die Resolution weiter ausgestalten? Wie kann sie wirklich etwas bewirken? 

Erstens hat die Hohe Kommissarin der UN die Mitgliedstaaten zwar dazu aufgerufen, „mutige Maßnahmen zu ergreifen, um der Resolution sofortige und tatsächliche Wirkung zu verleihen“, doch ist sie rechtlich nicht bindend. Wie sie durchgesetzt werden soll, bleibt offen. Es ist wichtig, dass die Resolution in die Umweltgesetzgebung der Länder aufgenommen wird, um rechtliche Verfahren zu beschleunigen und ehrgeizigere Umweltpolitiken zu fördern. Darüber hinaus will die Resolution die Staaten verpflichten, Maßnahmen zu ergreifen, die noch auf dem Verständnis beruhen, dass sich Umweltprobleme auf nationale Grenzen beschränken lassen. Aus der Perspektive der planetaren Gesundheit wird klar: Umweltprobleme sind zunehmend grenzüberschreitend. Typische Beispiele sind die Verschmutzung von Seen, Flüssen und Meeren, Wald- und Flächenbrände, die Dunst verursachen, saurer Regen durch Schwefel- und Stickoxidemissionen sowie die Auswirkungen des Klimawandels. Angesichts dieser globalisierten und hochdynamischen Umweltprobleme gewinnen die Rolle des Welthandels, multilateraler Institutionen und der transnationalen Zusammenarbeit zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist das ASEAN-Abkommen von 2002 über grenzüberschreitende Dunstverschmutzung.

Zweitens: Obwohl die Verantwortung von Wirtschaftsunternehmen in der Resolution besonders herausgehoben wird, bleiben mehrere Lücken. Mit dem „Hinweis auf die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die die Verantwortung aller Wirtschaftsunternehmen für die Achtung der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit von Menschenrechtsverteidigern, die im Umweltbereich tätig sind, unterstreichen“, geht die Resolution über ihren Appell an die Mitgliedstaaten hinaus. Wirtschaftsunternehmen räumen der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte (oder der Umweltgerechtigkeit im weiteren Sinne) jedoch selten Priorität ein. Staaten sollten daher Unternehmen in den Sektoren regulieren, die am stärksten zur Umweltverschmutzung beitragen. So können ihre Auswirkungen auf die planetare Gesundheit und ihre oft äußerst unnachhaltigen Produktions- und Verbrauchsverhalten adressiert werden. Die Resolution erkennt einige wichtige Aspekte der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) an, die auf Menschenrechten basieren – wie etwa der Zugang zu Nahrung (in SDG 2) und sauberem Trinkwasser (in SDG 6). Allerdings werden Fragen des Wirtschaftswachstums (SDG 8), der Infrastruktur und der Industrialisierung (SDG 9) sowie des verantwortungsvollen Konsums und der Produktion (SDG 12) nicht berücksichtigt. Diese haben wiederum weitreichende Folgen für das Leben unter Wasser (SDG 14) und das Leben an Land (SDG 15). Damit die Resolution echten Einfluss hat, müssen die Staaten sich mit diesen Zusammenhängen befassen.

Trotz dieser Lücken hebt die Resolution Ungleichheit und Umweltgerechtigkeit hervor. So wird beispielsweise ausdrücklich anerkannt, dass Umweltschäden „am stärksten von denjenigen Bevölkerungsgruppen zu spüren sind, die sich bereits in einer prekären Lage befinden, einschließlich indigener Völker, älterer Menschen, Menschen mit Behinderungen sowie Frauen und Mädchen.“ Sie wirft auch die Frage auf, wie die Umweltgerechtigkeit zwischen den Generationen geregelt werden kann. Ein Beispiel aus Deutschland zeigt, dass dies auch eine Frage der Governance ist. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom April 2021 verpflichtete die Regierung, ihren Plan zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen bis 2050 zu erweitern. Die Entscheidung war eine Reaktion auf Klimaaktivist*innen, die sich auf die Rechte künftiger Generationen beriefen.

Schließlich erfordert die Bekämpfung ökologischer Ungerechtigkeiten besondere Maßnahmen der Länder, die sich der Stimme enthalten haben. Während sich eine Kerngruppe, bestehend aus Costa Rica, den Malediven, Marokko, Slowenien und der Schweiz, für die internationale Anerkennung der Resolution einsetzte, enthielten sich Indien, Japan, China und die Russische Föderation der Stimme (43 stimmten dafür). China und Russland führten Bedenken an, den Menschenrechtsrat durch die Aufnahme von Umweltrechten weiter zu überlasten. Die Vereinigten Staaten – mit dem Argument, dass nicht alle Umweltfragen Menschenrechtsfragen sind – waren bei der Abstimmung gar nicht anwesend. Die Resolution muss grenzüberschreitend und jenseits geopolitischer Ambitionen umgesetzt werden, um die Gesundheit der Menschen und des Planeten zu schützen. Es ist schwierig, von Unternehmen zu verlangen, dass sie die planetare Gesundheit fördern, wenn einige der Länder, die die Umwelt am stärksten verschmutzen, nicht mit an Bord sind. Zudem sollte den Verflechtungen zwischen Wirtschaftsunternehmen, Umweltgerechtigkeit und Ungleichheiten besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. All dies ist entscheidend, um das universelle Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt zu fördern.

Über die Autor*innen

Subramanian

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Faus Onbargi, Alexia

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Faus Onbargi

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