Gesundheitsfinanzierung in Zeiten von Mehrfachkrisen: Analyse und Empfehlungen

Gesundheitsfinanzierung in Zeiten von Mehrfachkrisen: Analyse und Empfehlungen

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Strupat, Christoph / Pooja Balasubramanian / Srinivasa Srigiri / Anna-Katharina Hornidge
Policy Brief 13/2023

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS)

DOI: https://doi.org/10.23661/ipb13.2023

Engl. Ausg. u.d.T.:
Health financing in times of multiple crises: analysis and recommendation
(Policy Brief 11/2023)

Die Corona-Pandemie hat uns die Anfälligkeit der Gesundheitssysteme vor Augen geführt und gezeigt, dass wir neue Finanzierungsmechanismen für Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion (PPR) und die flächen-deckende Gesundheitsversorgung (Universal Health Coverage, UHC) brauchen. Aus der Pandemie lassen sich zwei allgemeine Lehren ziehen.
Erstens: Globale Probleme erfordern globale Lösungen, und dabei sind sowohl lokale als auch nationale Akteure gefragt. Deshalb sollte öffentliche Gesundheit als globales öffentliches Gut betrachtet werden. Dies erfordert Solidarität zwischen reichen und armen Ländern, um die Bewältigung von Pandemien und anderen Gesundheitskrisen zu ermöglichen. Die Bereitstellung eines solchen globalen öffentlichen Gutes erfordert jedoch erhebliche öffentliche Mittel. Die Bereitstellung zusätzlicher Mittel, insbesondere für den Pandemiefonds, die WHO, sowie die Umsetzung des internationalen Pandemieabkommens sind erste Schritte in die richtige Richtung. Wichtig ist dabei, dass der Schwerpunkt nicht nur auf der Verhinderung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten liegt, sondern auch auf ihrer Erkennung und Bekämpfung direkt an der Quelle, was eine systemische Blickweise erfordert.
Die zweite Lehre ist, dass Prävention sich lohnt, da sie weniger kostet als spätere Abhilfemaßnahmen. Gesundheitssysteme lassen sich als Instrument zur Umsetzung von PPR und UHC begreifen. Studien zeigen, dass Gesundheitssysteme mit verlässlichen Kernkapazitäten im Bereich Gesundheitssicherheit (z. B. Labore) und grundlegenden UHC-Strukturen (z. B. Zugang zu Gesundheitseinrichtungen) ihre Bürger*innen oft besser vor den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie schützen konnten.
Gerade mit Blick auf Länder mit niedrigem bis mittlerem Einkommen (LMICs) wird deutlich, dass die internationale Unterstützung im Bereich Gesundheit während der
Corona-Pandemie deutlich anstieg. Die nach wie vor hohen Zuzahlungen von privaten Haushalten für Gesundheitsdienstleistungen (Out-of-Pocket-Ausgaben (OOPE)) in LMICs deuten jedoch auf ein strukturelles Ungleichgewicht in der Gesundheitsfinanzierung hin. Daher ist eine weitere finanzielle Unterstützung durch die internationale Entwicklungszusammenarbeit und höhere nationale Gesundheitsausgaben der LMICs durch eine verstärkte Mobilisierung inländischer Ressourcen zur Erreichung von PPR und UHC unerlässlich. Regierungen und internationale Entwicklungspartner sollten in Zeiten begrenzter Mittel ihre Gesundheitsausgaben mithilfe der folgenden Maßnahmen stabilisieren oder ggf. ausweiten: i) Priorisierung des Gesundheitssektors bei den nationalen Ausgaben ii) bessere Prioritätensetzung bei der internationalen Gesundheitsfinanzierung, iii) Debt-Health Swaps, iv) Gesundheitssteuern, v) öffentliche Krankenversicherungen.
Ein wichtiger Grund für diese Maßnahmen ist, dass Investitionen in die Gesundheit nicht nur aufgrund des gesundheitlichen Nutzens von entscheidender Bedeutung sind, sondern auch positive sozioökonomische Wirkungen haben, deren Wert die ursprünglichen Investitionen oft bei weitem übersteigt. Studien belegen, dass der wirtschaftliche und soziale Nutzen der Investitionen dabei die Kosten in Ländern mit niedrigem Einkommen um das Neunfache und in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen um das Zwanzigfache übersteigt. Angesichts der hohen Arbeitslosenquoten in vielen LMICs kommen Investitionen, die Arbeitsplätze im Gesundheitssektor schaffen, auch anderen Sektoren zugute. Es ist belegt, dass für jeden neu geschaffenen Arbeitsplatz im Gesundheitswesen durchschnittlich 3,4 Arbeitsplätze in anderen Sektoren entstehen. Da ein großer Teil des Gesundheitspersonals weiblich ist, bieten diese neuen Arbeitsplätze insbesondere jungen Frauen eine Chance und können Geschlechtergleichheit fördern.

About the authors

Strupat, Christoph

Economist

Strupat

Srigiri, Srinivasa Reddy

Agricultural Economist

Srigiri

Hornidge, Anna-Katharina

Development and Knowledge Sociology

Hornidge

Balasubramanian, Pooja

Social Economics

Balasubramanian

Further experts

Faus Onbargi, Alexia

Political Science