Initiative zum Kapazitätsaufbau zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung (CBSD): „Versicherheitlichung“ der EU-Entwicklungspolitik?

Initiative zum Kapazitätsaufbau zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung (CBSD): „Versicherheitlichung“ der EU-Entwicklungspolitik?

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Bergmann, Julian
Analysen und Stellungnahmen 19/2017

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Engl. Ausg. u.d.T.:
Capacity Building in Support of Security and Development (CBSD): securitising EU development policy?
(Briefing Paper 24/2017)

Sicherheitssektorreform (SSR) bildet ein Kernstück des Engagements der Europäischen Union (EU) zur Vermeidung gewalttätiger Konflikte und zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Der bestehende Rechtsrahmen schließt allerdings die Verwendung von EU-Haushaltsmitteln zur Finanzierung der Unterstützung der Streitkräfte von Partnerländern aus. Im Rahmen der Initiative zum Kapazitätsaufbau zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung (CBSD) will die EU diese Finanzierungslücke schließen und die Finanzierung von Ausbildung, Ausrüstung und Infrastruktur für militärische Akteure ermöglichen. Dabei liegt der CBSD-Initiative die Annahme zugrunde, dass Sicherheit eine Bedingung für Entwicklung bildet und dass nachhaltige Entwicklung nur erreicht werden kann, wenn staatliche – einschließlich militärische – Institutionen über angemessene Kapazitäten verfügen.

Zur Umsetzung von CBSD hat die Europäische Kommission im Juli 2016 die Anpassung der Verordnung zur Schaffung des Instruments für Stabilität und Frieden (IcSP) vorgeschlagen. Das IcSP ist das Hauptinstrument der EU zur Finanzierung von Konfliktprävention und friedensfördernden Maßnahmen. Der Vorschlag der Kommission zur Änderung der IcSP-Verordnung sieht die Einführung neuer Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen von CBSD vor. Sowohl innerhalb der EU Institutionen als auch in der breiteren entwicklungspolitischen „Community“ wurde der Vorschlag der Kommission kontrovers diskutiert. Der vorliegende Artikel argumentiert, dass die Umsetzung von CBSD zu einer Versicherheitlichung der EU-Entwicklungs­politik beitragen kann. Die Bereitstellung von Training und Ausrüstung für militärische Akteure in Ländern wie Somalia und Mali ist notwendig, um die Glaubwürdigkeit und Effektivität der EU als sicherheitspolitischer Akteur sicherzustellen. Allerdings schafft die Verwendung des IcSP zur Finanzierung von CBSD-Aktivitäten einen Präzedenzfall für die Nutzung von entwicklungspolitischen Instrumenten im EU Haushalt zur Finanzierung der Unterstützung militärischer Akteure. Ohne Begründungszusammenhang zwischen den vorgeschlagenen Aktivitäten und den Zielen von EU-Entwicklungspolitik birgt CBSD das Risiko, dass Entwicklungspolitik sicherheitspolitischen Zielen untergeordnet wird.

Ein Schlüsselproblem der Debatte um CBSD besteht in der mangelnden Klarheit bezüglich des Umfangs der vorgesehenen Unterstützungsmaßnahmen. Überdies besteht erhebliche Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtsgrundlage der IcSP-Änderungsverordnung. Und schließlich befürchten zivilgesellschaftliche Organisationen, dass CBSD einen Trend zur Verschiebung der EU Prioritäten weg von zivilen und hin zu militärischen Instrumenten zur Krisenbewältigung markiert.

Die wesentliche Herausforderung besteht darin, auf diese Bedenken und Vorbehalte einzugehen und eine geeignete, dauerhafte Regelung zur Finanzierung der CBSD-Aktivitäten im nächsten mehrjährigen EU Finanzrahmen (MFR) von 2021 bis 2027 zu finden. Kurzfristig sind eine höhere Transparenz der geplanten CBSD-Aktivitäten sowie eine substantielle Debatte über deren Verbindungen zu den Zielen von EU-Entwicklungspolitik notwendig. Mittelfristig sollte die EU ein spezifisches Instrument schaffen, dass die CBSD-Aktivitäten von der Finanzierung für zivile Konfliktprävention und friedensfördernde Maßnahmen trennt.

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