Bitcoin, Ethereum, Ripple und Co.

Werden Blockchains die neuen Banken der Armen?

Werden Blockchains die neuen Banken der Armen?

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Ohnesorge, Jan
Die aktuelle Kolumne (2018)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 05.02.2018)

Bonn, 05.02.2018. Dieses Jahr wird die Blockchain-Technologie zehn Jahre alt. Im November 2008 schrieb ein bis heute unbekannter Autor unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto das Whitepaper „Bitcoin: Ein elektronisches Peer­-to-­Peer-­Bezahlsystem“, in dem die Grundlagen der Blockchain- Technologie dargestellt werden. „Bitcoin“ erwies sich mit seiner praktischen Implementierung im Jahr 2009 als erste funktionierende digitale Währung, die ohne eine zentrale Instanz auskommt. Die Währung funktioniert, weil die Blockchain-Technologie ein sehr sicheres digitales Archivieren jeder Überweisung ermöglicht. Dadurch wird Betrug wie das mehrfache Ausgeben desselben Bitcoins effektiv verhindert. Auf den Pionier Bitcoin folgten in den kommenden Jahren zahlreiche weitere Kryptowährungen und andere blockchainbasierte Netzwerke, die die Technologie weiterentwickelten.

Ein Peer-to-Peer-Bezahlsystem, indem die Nutzer direkt miteinander interagieren, ohne dass eine zentrale Instanz eine Vermittlerfunktion einnimmt, ist nicht nur ein Durchbruch auf technischer Ebene. Es kann auch den Zugang zum Finanzsystem für einkommensschwache Menschen erleichtern. Dies ist besonders vor dem Hintergrund relevant, dass mangelnder Zugang zu Finanzdienstleistungen ein bedeutendes Entwicklungshemmnis ist. So zielen einige Indikatoren der Sustainable Development Goals (SDGs) auf größere Teilhabe an Finanzdienstleistungen ab. Während Menschen mit niedrigem Einkommen der Zugang zu einer Bank oft verwehrt bleibt, kann prinzipiell jeder, der Zugang zu einem Internetanschluss hat, Kryptowährung kaufen und damit Transaktionen tätigen. Bevor Menschen mit einem eingeschränkten Zugang zum Finanzsystem Kryptowährungen als Zahlungsmittel nutzen können, muss allerdings deren Akzeptanz noch deutlich steigen. Zudem muss die Nutzerfreundlichkeit von Krypto-Banking Programmen noch verbessert werden, damit auch Laien diese sicher bedienen können.

Eine Finanzdienstleistung, die für Migrantinnen und Migranten sowie für ihre Familien von entscheidender Bedeutung ist, sind internationale Rücküberweisungen. Global gesehen ist die Summe der Rücküberweisungen in Entwicklungsländer ca. drei Mal so groß wie die Summe der öffentlichen Entwicklungsausgaben. Der großen Bedeutung von Rücküberweisungen tragen auch die SDGs Rechnung und fordern, dass deren Transaktionskosten bis 2030 im Durchschnitt auf 3 Prozent der transferierten Summe sinken. Die Digitalisierung der Branche hat in den letzten zehn Jahren bereits zu einer Reduktion der Kosten von knapp 10 Prozent auf ca. 7 Prozent geführt.

Ermöglicht die Blockchain-Technologie weitere dringend benötigte Kostensenkungen in diesem Bereich? Blockchainbasierte Netzwerke wie Ripple, Stellar, IOTA, oder NEO ermöglichen kostenlose oder nahezu kostenlose internationale Transfers von Kryptowährungen. Jedoch muss der Sender einer Rücküberweisung in der Regel zunächst seine lokale Währung in eine Kryptowährung tauschen und diese dann für seine internationale Transaktion nutzen, bevor der Empfänger des Geldes die Kryptowährung wieder in seine lokale Währung tauscht. Statt eines Währungstauschs (z.B. Euro zu Indische Rupie) werden also zwei Währungstausche (z.B. Euro zu Bitcoin zu Indische Rupie) benötigt.

Andererseits können durch die Nutzung von Kryptowährungen bestimmte Gebühren und Wartezeiten umgangen werden. Diese entstehen bei konventionellen Anbietern wie Western Union durch die Nutzung von Korrespondenzbanken. Neben diesen Kostenersparnissen können blockchainbasierte Geldtransferunternehmen Synergien nutzen, wenn sie zusätzlich zu ihrem Kerngeschäft auf eigene Rechnung mit Kryptowährungen handeln. Auf dieser Grundlage bieten z.B. die Startups Circle und Cashaa kostenfreie bzw. sehr günstige Geldtransfers in verschiedene Länder an. Ob sich diese Unternehmen langfristig am Markt behaupten können ist nicht klar. Es ist jedoch schon heute absehbar, dass die Blockchain-Technologien durch die Umgehung von Korrespondenzbanken in den nächsten Jahren einen Beitrag zur Senkung der Kosten von Rücküberweisungen leisten können.

Blockchain-Technologien haben ein großes Potential, viele Bereiche in Wirtschaft und Verwaltung, effizienter zu strukturieren. Besonders gilt das für Bereiche, in denen Vertrauen zwischen den Markteilnehmern bisher von einer zentralen Instanz hergestellt wird. Internationale Rücküberweisungen sind relativ einfach mit bestehenden Blockchain-Technologien durchzuführen, daher gibt es bereits heute Lösungen, die Kostenvorteile gegenüber den etablierten Geldtransferunternehmen bieten. Bis blockchainbasierte Netzwerke eine vollwertige Bank mit nutzerfreundlichen Zahlungsdienstleistungen sowie (Spar)konten und (Mikro)krediten für finanziell unterversorgte Menschen sein können, wird es aber wohl noch einige Jahre dauern. Staatliche und private Akteure sollten diesen Prozess unterstützen, indem sie die Potentiale der Blockchain-Technologie aktiv nutzen und deren Weiterentwicklung fördern. Ein erster Schritt hierzu kann die Akzeptanz von Kryptowährungen für bestimmte Zahlungen sein. So akzeptiert, neben zahlreichen Unternehmen, auch der Schweizer Kanton Zug seit dem Jahr 2016 Gebührenzahlungen in Bitcoin.

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