Policy Brief

Zeit für eine strategische Partnerschaft: das Potenzial der Zusammenarbeit Deutschland-Marokko

Houdret, Annabelle / Mark Furness
Policy Brief (26/2025)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS)

DOI: https://doi.org/10.23661/ipb26.2025

Engl. Ausg. u.d.T.:
Time for a strategic partnership: the potential for deepening German-Moroccan cooperation
(IDOS Policy Brief 25/2025)

Frz.. Ausg. u.d.T.:
Vers un partenariat stratégique : Le potentiel de la coopération germano-marocaine
(IDOS Policy Brief 24/2025)

Deutschland und Marokko verbindet eine lange Geschichte der Entwicklungszusammenarbeit, die sich heute unter veränderten regionalen und internationalen Bedingungen weiterentwickelt. Diese Partnerschaft kommt beiden Ländern zugute und birgt erhebliches Potenzial. Marokko hat sich zu einem wichtigen Akteur in Nord- und Westafrika entwickelt und seinen wirtschaftlichen, militärischen und geopolitischen Einfluss gestärkt. Es profitiert von deutschem Fachwissen, Investitionen und strategischer Unterstützung. Deutschland kann sich die Zusammenarbeit mit Marokko noch stärker zunutze machen, um seine wirtschaftlichen, technologischen und diplomatischen Interessen voranzubringen.
Allerdings verändern globale Dynamiken die deutsch-marokkanische Zusammenarbeit. Traditionelle Entwicklungszusammenarbeit, bei der westliche Staaten dem „Globalen Süden“ Hilfe leisten, verliert an Bedeutung. Stattdessen nehmen Transaktionsbeziehungen im Sinne gegenseitiger wirtschaftlicher, kommerzieller und politischer Vorteile zu. Dieser pragmatische Ansatz muss jedoch weiterhin in Kooperationsnormen eingebettet sein, die Menschenrechte, soziale Inklusion und ökologische Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen. Diese Prinzipien bilden die Grundlage für langfristige Vorteile für die Gesellschaften beider Länder.
Deutschland sollte sich als Partner positionieren, der seine Interessen klar definiert und strategische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Unterstützung einer inklusiven und nachhaltigen Entwicklung verbindet. Wenn Kompromisse erforderlich sind, müssen diese identifiziert und adressiert werden oder notfalls dazu führen, dass Deutschland in bestimmten Bereichen auf Zusammenarbeit verzichtet. Trotz erfolgreicher Armutsreduzierung bestehen in Marokko weiterhin erhebliche sozioökonomische Ungleichheiten, die durch Klimawandel, eingeschränkten Zugang zu Gesundheit und Bildung sowie mangelnde Governance weiter zunehmen. Internationale Partner können Marokko bei der Bewältigung dieser Probleme unterstützen.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine Außenpolitik formuliert, die Interessen verfolgt und Werte durch starke Partnerschaften mit wichtigen Ländern verteidigt. Die Entwicklungszusammenarbeit ist ein zentraler Bestandteil dieser Beziehungen – um Entwicklung nachhaltig zu gestalten und um Türen für eine umfassende Kooperationspolitik zu öffnen. Marokkanische Gesprächspartner*innen aus Regierung, Forschung und Zivilgesellschaft, die für dieses Papier befragt wurden, betonten, dass ihr Land genau diese Art von Beziehung aufbauen möchte.
Vier strategische Schlüsselbereiche werden die bilaterale Zusammenarbeit in den nächsten zehn Jahren vorrausichtlich bestimmen:
1. Geostrategische Interessen – vor allem der Status der Westsahara und die Beziehungen zu Afrika;
2. Infrastruktur und Investitionen – insbesondere private und öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Konnektivität und Energie;
3. Beschäftigung, Fachkräfte und Migration – mit Fokus auf legale Migration, berufliche Bildung und den Arbeitskräftebedarf beider Länder; und
4. Governance für das Gemeinwohl – vor allem im Klimaschutz und für transparente, rechenschaftspflichtige und inklusive Regierungsführung auf lokaler wie internationaler Ebene.
Deutschland und Marokko haben in über 50 Jahren Entwicklungszusammenarbeit erhebliches Vertrauen aufgebaut – eine solide Basis für eine strategischere Partnerschaft. Die Verwirklichung dieses Potenzials erfordert jedoch Klarheit über die jeweiligen Prioritäten, Anpassungsbereitschaft und roten Linien.

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