Führende Europäische Think Tanks warnen: wenn die EU den Blick nicht nach außen richtet, riskiert sie weitere Instabilität

Pressemitteilung vom 01.09.2014

Mit Arbeitsaufnahme des neu gewählten Europäischen Parlaments fordert die European Think Tanks Group (ETTG) eine deutliche Abkehr vom derzeitigen Mandat der Kommission zu einem Mandat, das die Probleme Europas mit den Weltproblemen verknüpft. Dafür sollte die Art und Weise, in der die Kommission geführt wird, radikal verändert werden.

Die aus führenden Think Tanks aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Spanien bestehende ETTG fordert für die EU einen globalen Plan. Dies wird in dem heute vorgelegten Bericht „In unserem gemeinsamen Interesse: Warum Europas Probleme globale Lösungen und die Probleme der Welt Europas Handeln benötigen“ ausgeführt.

„Die neue EU-Führung muss erkennen, dass zur Sicherung von Stabilität und Wirtschaftswachstum in Europa zunächst globale Fragen angegangen werden müssen. Europa wird prosperieren, wenn die Welt prosperiert“, sagte Kevin Watkins, Geschäftsführender Direktor des Overseas Development Institute (ODI).

„Wir sehen beunruhigende Anzeichen, dass sich die EU zu stark auf interne Fragen konzentriert. Beim Klimawandel gibt die EU makroökonomischer Stabilität und kurzfristigem Wachstum den Vorrang und kommt ihrer Verpflichtung, die Energieeffizienz zu verbessern, nicht ausreichend nach“, sagte Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE).

Die ETTG fordert für den Hohen Vertreter für Außenpolitik die Gesamtverantwortung für die EU-Außenbeziehungen, einschließlich der internationalen Zusammenarbeit. Diese Änderung würde den Zusammenhang zwischen Armut, Wohlstand, Handel, Frieden und Klimawandel in der heutigen Welt berücksichtigen und anerkennen, dass das Europäische Parlament von einer Reorganisation profitiert, die auf eine Stärkung der Rechenschaftspflicht abzielt.

„Nun, da das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten ihre neue Führungsmannschaft unter Leitung des Europäischen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker wählen, ist die Zeit für eine gründliche Revision gekommen“, sagte Paul Engel, Direktor des European Centre for Development Policy Management (ECDPM).

Die European Think Tanks Group fordert auch, dass die Kommissare nicht länger in isolierten Bereichen arbeiten, sondern gemeinsam die unten genannten Herausforderungen in Angriff nehmen. Die heute von den ETTG-Direktoren dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments erläuterten fünf Bereiche, die bis 2020 im Zentrum der EU-Strategie liegen sollten, sind:

  • Die Weltwirtschaft: Als größter Handelsblock der Welt muss die EU einen Beitrag zu besseren, integrativeren und verantwortlicheren Handels- und Finanzregimen leisten.
  • Klimawandel: Ohne eine starke Verpflichtung der EU auf eine green economy (grüne Wirtschaft) innerhalb Europas wird die Welt keinen nachhaltigeren Entwicklungspfad einschlagen.
  • Frieden und Sicherheit: Gewalttätige Konflikte im Nahen Osten, in Afrika und in der europäischen Nachbarschaft betreffen 1,5 Mrd. Menschen und haben direkte Auswirkungen auf die EU und ihre Bürger. Die EU muss mehr zur Konfliktvermeidung tun und entschieden und koordiniert handeln.
  • Demokratie und Menschenrecht: Die EU muss mehr zur Unterstützung von Menschen in Ländern tun, in denen die Menschenrechte bedroht sind.
  • Armut und Ungleichheit: Angesichts von 1,2 Mrd. Menschen, die mit 1,25 USD am Tag in extremer Armut leben, 2,4 Mrd. Menschen, die von zwei USD am Tag leben und der Tatsache, dass sieben von zehn Menschen in Ländern leben, in denen die wirtschaftliche Ungleichheit in den vergangenen 30 Jahren zugenommen hat, muss die EU mit ihrem Entwicklungshilfebudget weiterhin Armut und Ungleichheit bekämpfen.


Das nächste Jahr bietet zwei wichtige Anlässe, die eine europäische Führung erfordern: die Fertigstellung der Post-2015-Agenda – des neuen Rahmens für nachhaltige Entwicklungsziele für die Zeit nach 2015 als Nachfolger der Millenniumsziele – und der Abschluss eines globalen Klimaschutzabkommens bei den UN-Verhandlungen in Paris.

„Europa hat im nächsten Jahr Gelegenheit, seine Werte und Vorstellungen auf einer Weltbühne zu präsentieren, allerdings nur, wenn es dabei an einem Strang zieht“, sagte Giovanni Grevi, Direktor der Fundación para las Relaciones Internacionales y el Diálogo Exterior (FRIDE).

Über die European Think Tanks Group:

Die European Think Tanks Group (ETTG) vereint vier führende europäische Think-Tanks, die sich mit internationaler Entwicklung befassen: das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), das Overseas Development Institute (ODI), das European Centre for Development Policy Management (ECDPM) und Fundación para las Relaciones Internacionales y el Diálogo Exterior (FRIDE).
Bereits im Jahre 2010 hat die ETTG einen Bericht an die neue Führung der Europäischen Union adressiert. Auch dieses Jahr nimmt die ETTG die Europawahlen und die gegenwärtige Neubesetzung europäischer Spitzenpositionen zum Anlass, auf die Bedeutung einer globalen Perspektive europäischer Politikgestaltung hinzuweisen.