Forschungs- und Transfernetzwerk zu nachhaltiger öffentlicher Beschaffung in NRW

NRW verfügt mit einem jährlichen Beschaffungsvolumen von ca. 50 Milliarden Euro über eine enorme Marktmacht. Zunehmende Anforderungen an die Nachhaltigkeit dieser von der öffentlichen Hand nachgefragten Produkte haben bereits positive Effekte gezeigt. Gleichzeitig besteht hinsichtlich der Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte in öffentlichen Ausschreibungsverfahren noch Verbesserungspotential. Unser Forschungs- und Transfernetzwerk zu nachhaltiger öffentlicher Beschaffung in NRW widmete sich der Identifizierung relevanter Barrieren und Treiber sowie potentieller Lösungsoptionen.

Projektleitung:
Andreas Stamm
Maximilian Müngersdorff

Finanzierung:
Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen

Zeitrahmen:
2016 - 2017 / Abgeschlossen

Kooperationspartner:

Projektbeschreibung

Hintergrund und Ziele

Die öffentliche Hand verfügt über eine enorme Nachfragemacht: ca. 20% des Bruttoinlandsproduktes werden in den Mitgliedsländern der Europäischen Union jährlich von ihr ausgegeben. In absoluten Zahlen bedeutet dies geschätzte 260-480 Milliarden Euro auf Bundes- und 50 Milliarden Euro auf NRW-Ebene. Öffentliche Beschaffung hat somit das Potential, zu einem zentralen Hebel einer nachhaltigen gesellschaftlichen Transformation zu werden.

Neue rechtliche Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in öffentlichen Beschaffungsprozessen haben bereits positive Effekte gezeitigt. Jedoch wird dieses regulative Potential je nach konkreter Verwaltungseinheit und Produktgruppe höchst unterschiedlich genutzt, was die Hebelwirkung öffentlicher Beschaffung schwächt. Dem Beschaffer ist es weitgehend frei gestellt, seinen Einkauf an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten. Eine Herausforderung stellt auch die Regel- und Akteursvielfalt dar. So nimmt die Regelungsdichte von der EU- bis hin zur kommunalen Ebene stark zu. Weiterhin gibt es unterschiedliche Typen öffentlicher Körperschaften, die jeweils eigene Strukturen zur Regeldurchsetzung etabliert haben (z.B. Kommunen, Ministerien, Regionalverbände, Schulen, öffentliche Unternehmen). Innerhalb dieser öffentlichen Einrichtungen können wiederum etablierte Handlungsroutinen den Übergang zu nachhaltigerer  öffentlicher Beschaffung hemmen. Schließlich stellt die schlechte Datenlage zu den Volumina beschaffter Güter und Dienstleistungen eine analytische Herausforderung dar. Die Identifizierung von Produkten, die für die Nachhaltigkeit in einzelnen Wertschöpfungsketten von besonderer Bedeutung sind, wird dadurch erschwert.

Das Forschungs- und Transfernetzwerk „Nachhaltige öffentliche Beschaffung in NRW“ hatte sich das Ziel gesetzt, diese Herausforderungen auf drei Handlungsebenen anzugehen: Erstens wurden empirische Erkenntnisse zu zentralen Fragen im Themenfeld generiert, beispielsweise über die Mengen unterschiedlicher Produkte, die von der öffentlichen Hand beschafft werden und die Struktur und Funktionsweise der jeweiligen Lieferketten. Zweitens sollte durch den Austausch mit Akteuren des öffentlichen Beschaffungswesens in NRW eine hohe Praxisrelevanz und eine effektive Wissensdiffusion sichergestellt werden. Drittens wurden Forschungslücken identifiziert und Anträge für ihre Bearbeitung vorbereitet.

Handlungsebene 1: Empirische Erkenntnisse

Das Forschungs- und Transfernetzwerk generierte zunächst in drei Arbeitspaketen praxisorientiertes transformatives Wissen:

Akteure und Netzwerke: Das Feld regelsetzender, regelumsetzender sowie beratender Akteure und Netzwerke zum Thema nachhaltige Beschaffung ist divers und bislang nur unzureichend erfasst. Das erste Ziel dieses Arbeitspaketswar es daher, relevante Stakeholder zu identifizieren und ihre Rollen zu analysieren.

Öffentliche Beschaffung in NRW (Systemwissen): Beschaffungsprozesse in NRW verlaufen je nach Verwaltungseinheit und Art der öffentlichen Körperschaft höchst unterschiedlich. Daher wurden im zweiten Arbeitspaket diese Prozesse detailliert beschrieben und analysiert. Eine weitere Fragewar, welche Treiber und Blockaden identifiziert werden können, die die Transformation in Richtung eines nachhaltigen Beschaffungswesens fördern oder behindern. Darüber hinaus wurden Instrumente erfasst, die nachhaltige Beschaffungspraktiken der öffentlichen Hand dauerhaft sicherstellen konnten. 

Transformative Wissensbasis (Zielwissen): Es lagen kaum belastbare Daten und Informationen darüber vor, welche Produktgruppen in besonderem Maße nachhaltigkeitsrelevant sind und welche Handelspartner dabei wichtig sind. Im dritten Arbeitspaket wurden erste Wissenselemente zu diesen Aspekten zusammengetragen sowie Forschungsfragen für künftige Projekte des Netzwerks entwickelt.

Handlungsebene 2: Stakeholderdialog und Wissensdiffusion

Entsprechend unserer transformativen Forschungsagenda stellte ein intensiver Dialog mit Praktikern bei der Identifikation von Forschungslücken und deren Bearbeitung eine zentrale Handlungsebene unseres Netzwerks dar. Weiterhin entwickelten wir Ansätze für eine effektive Diffusion von relevantem Wissen in die Praxis.

Komponenten des Stakeholder-Dialogs stellten neben partizipativen Workshops auch Interviews zu den zentralen Fragestellungen unseres Netzwerks sowie eine enge Kooperation mit Praktikern bei der Datenbeschaffung und -analyse dar. Weiterhin bezogen wir die Praxisebene aktiv in die Entwicklung unserer Forschungsagenda mit ein. Gleichzeitig waren wir bestrebt, unsere Forschungsergebnisse verständlich und umsetzungsorientiert aufzuarbeiten um eine möglichst effektive Wissensdiffusion sicherzustellen.

Handlungsebene 3: Neue Projektthemen

Neben der Entwicklung erster empirischer Ergebnisse verfolgte unser Netzwerks das Ziel, innovative Forschungsfragen und Projektthemen zu identifizieren. Auf dieser Grundlage werden wir neue Projekte in Angriff nehmen. Dabei wollen wir im Sinne des Praxis- und Transfergedankens neben forschenden Einrichtungen auch die Praxisebene ansprechen. Kooperationen mit Kommunen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft sind ebenso möglich wie Projekte im engeren wissenschaftlichen Kontext. Thematisch und räumlich wollen wir im Zuge dieser Entwicklung den NRW-Fokus erweitern. Neben europäischen Policy-Vergleichen stellt eine stärkere Hinwendung zum Beschaffungswesen in Schwellen- und Entwicklungsländern eine Option dar. Zentrale Themen, wie die Identifikation nachhaltigkeitsrelevanter Produktgruppen für den öffentlichen Sektor sowie die Analyse entsprechender Wertschöpfungsketten werden auch in der Folgephase eine wichtige Rolle spielen.

Veranstaltungen

Projektkoordination

Sonja Packschies

Links

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